Mälzerei Carl Dessauer, später Bamberger Mälzerei, Theresienstrasse 32-34
Am 14.7.1885 stellt der Hopfenhändler Carl Dessauer ein Baugesuch für eine Malzfabrik an der Theresienstraße, welches am 31.7.1885 – also nach zwei Wochen - genehmigt wird. Die Betriebsaufnahme erfolgte entweder 1888 oder 1889 (Quellenlage nicht eindeutig), jedoch war auch bereits 1889 ein Gleisanschluss in Betrieb genommen worden. Kurz nach Betriebsaufnahme war bereits eine Werbeabbildung der Fabrik erstellt worden. Dieser Abbildung verdanken wir die ursprüngliche Ansicht der Malzfabrik mit einem Baukörper auf rechteckigem Grundriß, angebautem Kesselhaus sowie einem Direktions- oder Kontorgebäude zur Hüttenfeldstrasse. Das eigene Bahngleis ist bereits vorhanden.

Die Mälzerei ereilte im Jahre 1891 ein großer Brand. Beim Wiederaufbau wurde an Stelle des Kontorgebäudes ein spiegelbildlich erstelltes Produktionsgebäude erstellt, durch welches sich die Produktionsfläche etwa verdoppelt haben dürfte. Diese Gebäude waren 1893 fertiggestellt.
Die Eisenbahnlinie Nürnberg-Bamberg unmittelbar vor den Fabrikgebäuden war im Jahre 1891 mit einem zweiten Gleis für den Richtungsbetrieb ausgebaut worden.

Die neuen Kontorräume wurden in verkleinerter Form nördlich an das Fabrikgebäude angebaut.

Spätestens 1894 ist auch das zweite Gleis auf dem Fabrikgelände über eine Weiche südlich der großen Produktionsgebäude vorhanden und angebunden. Das westlich gelegene neue Gleis diente sehr wahrscheinlich dem Empfang von Kohlen, das östliche Gleis war wohl als Bereitstellungsgleis für den Versand vorgesehen.

Im Jahr 1906 wird ein neues Kontorgebäude nördlich an die bisherigen Kontorräume angebaut, um weitere Räume für die Verwaltung zu bekommen.

Auf einem Briefkopf von 1929 sehen wir einen sehr ähnlichen Bauzustand, eine Lokomotive verschiebt einige Güterwagen vor der Fabrik, die Theresienstraße ist sehr belebt, ein Schnellzug aus Nürnberg bildet gemeinsam mit der Nürnberger Strasse den Vordergrund. Auf der gesamten nördlichen Gebäudeseite ist ein parkähnlicher Garten angelegt. An der Südostecke ist das Kesselhaus zu sehen.

Ein Lageplan, ebenfalls aus dem Jahr 1929, zeigt die Linienführung des Anschlussgleises, welches von Norden kommend zunächst parallel zur Staatsbahnstrecke verläuft, die Theresienstraße schräg überquert, um nach einem Tor in der Einfriedung der Fabrik in die Werksgleise überzugehen.

Eine Fotografie von Nordosten zeigt etwa im Zeitraum ab 1930 die Gebäude. Das Werksgelände ist zur Theresienstrasse hin abgezäunt, an der Laderampe stehen 5 gedeckte Güterwagen. Das Kesselhaus mit dem hohen Kamin ist gewichen, die Südostecke der Fabrik ist zu einem Turm erweitert.

Auf einem Briefkopf sehen wir eine Fabrikansicht der erweiterten Anlagen. Die Be- und Entladerampe überdacht, zwei offene Güterwagen stehen offensichtlich mit Kohle beladen bereit zur Entladung, weitere Wagen sind zu sehen. Die Fabrik trägt den Namen „Bamberger Mälzerei AG“ in großen Lettern auf der Süd- und auf der Ostfassade. Auf der Theresienstraße und der Nürnberger Straße fährt je ein Lastwagen, auf den Staatsbahngleisen ein Personenzug Richtung Nürnberg.

Während des zweiten Weltkriegs sowie in den unmittelbaren Nachkriegsjahren war an Modernisierungen oder Erweiterungen nicht zu denken, Zerstörungen und Nöte in der Bevölkerung wurden nur langsam überwunden. Die Bamberger Mälzerei erfuhr 1957 den Bau eines neuen Silogebäudes am Nordrand des Fabrikgeländes. Das ehemalige Kontorgebäude wurde hierfür abgerissen, ein neues Verwaltungsgebäude entstand an der Hüttenfeldstraße. Im gleichen Jahr entstand ein aussagekräftiges Luftbild durch die Flugfoto Verlagsgesellschaft. Die Werksgleise sind gut frequentiert, auf der Theresienstraße sehen wir einigen Kraftverkehr. An der linken unteren Ecke müssen wir uns den ehemaligen Bahnübergang Ehrlichstraße denken. Wenige Meter nördlich davon sehen wir, gerade noch im Bild, eine Gleisverlängerung (sehr leichter Oberbau) des Seitengleises zu einem Ascheplatz, der auch von der Ehrlichstraße aus zugänglich war. Den zugehörigen Aschewagen entdecken wir auf dem Seitengleis etwa auf Höhe des Omnibusses.

Ab 1960 firmierte die Bamberger Mälzerei nicht mehr als AG, sondern als GmbH. Etwa um diese Zeit wurde auch die Feuerung von Kohle auf Öl umgestellt. Auf einem Luftbild von Nordost (etwa um 1978-1980) sehen wir, dass der Schriftzug „AG“ entfernt worden ist. Das zweite Werks-Gleis ist ebenfalls nicht mehr vorhanden. Durch die zunehmende An- und Abfuhr der Produkte über die Straße wurde für die Mälzerei eine Erweiterung der betreffenden Anlagen notwendig. Die Mälzerei kaufte von der Stadt Bamberg im Jahr 1980 einen Teil der Theresienstraße auf, um dort eine LKW-Entladung neben dem weiterhin vorhandenen Bahngleis zu errichten. Ein Fußweg zwischen Werks- und Bahngelände sollte weiterhin kleinen Verkehr auf der Theresienstraße gewährleisten.

Heute ist auch dieser Fußweg nicht mehr vorhanden, die Theresienstraße in diesem Bereich verschwunden. Das Werksgleis ist zwar schon einige Jahre nicht mehr benutzt worden, hat aber bis heute noch einen Netzanschluss.

Auch heute noch begrüßen die markanten Gebäude der Bamberger Mälzerei die Eisenbahnreisenden, die von Süden her in unsere Stadt kommen.

Bild- und Planmaterial:
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