Exkurs: Ein Beitrag zur Entwicklung und Bedeutung der Eisenbahn für die bayerischen Exportbierbrauereien und für die Exportbierbrauerei 'Frankenbräu' in Bamberg
Vom Artikel 19 der Bundesakte aus dem Wiener Kongress 1815 („Beratung wegen des Handels und Verkehrs unter den deutschen Bundesstaaten“) bis zur Vollendung einer Zolleinheit durch den Anschluss einiger norddeutscher Gebiete im Jahr 1890 war fast das gesamte 19. Jahrhundert benötigt worden, um Handelshemmnisse zu beseitigen. Diese wirtschaftliche Einheit, im Wesentlichen durch die Reichsgründung 1871 hergestellt, war eine der großen Voraussetzungen für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung dieser Zeit.
Technisch fällt in diesen Zeitraum die Entwicklung der Eisenbahn, die parallel zur Entwicklung der Eisenhütten-Industrie erfolgte und die sich gegenseitig bedingten. Die Eisenbahn war die bei Weitem leistungsfähigste Infrastruktur für den Personen- und Güterverkehr. Strassenverkehr bestand aus Kutschen- und Fuhrwerks-Verkehren auf nur teilweise befestigten Wegen, der Wasserstrassen-Verkehr wurde durch die Notwendigkeit flussaufwärts treideln zu müssen und durch die Notwendigkeit des Überbrückens von unpassierbaren Abschnitten durch Umladen behindert.
Politisch blieben im deutschen Reichsgebiet Königreiche und Herzogtümer bis 1918 noch auf dem Papier existent, wenn auch ohne nennenswerten Einfluss auf ausgeübte Politik.
Wirtschaftlich war das 19. Jahrhundert in Bayern noch überwiegend landwirtschaftlich geprägt. 'Die bedeutendste indirekte Steuer war der Aufschlag auf Malz, der den Bierkonsum betraf. Die Bierwirtschaft erwirtschaftete den größten Umsatz' (1).
Die Wirtschaftskraft Bayerns lag im genannten Zeitraum hinter Preussen und Sachsen zurück und hier schliesst sich der gedankliche Kreis zwischen dem Ausgleich von Wirtschaftskraft, Bierproduktion und Export dieses Handelsgutes. Folgerichtig bildeten sich in Bayern industrielle Braubetriebe, die ihre Produktion für die Märkte ausserhalb der lokalen Bedürfnisse stark ausweiten konnten. Die lokale Verfügbarkeit von Hopfen und Getreide (Malz) begünstigte diese Produktion stark. Der Begriff der 'Exportbierbrauerei' begründet sich in so fern auf die groß-industrielle Herstellung von Bier sowie den überregionalen Absatz. Als Brausorte kommt Exportbier dem (untergärigen) Pilsner Bier mit eher malzigen und weniger bitteren Geschmacksanteilen nahe.
Schwerpunkt des Absatzes waren die Länder Preussen und Sachsen, aber auch Hessen.
Ein Schwerpunkt von Exportbierbrauereien bildete sich in Kulmbach und war nach München der zweitstärkste Standort in Bayern. Zum Ende des 19.Jahrhunderts waren in Kulmbach 12 Brauereien im Exportgeschäft tätig. Von diesen 12 Brauereien hatten 7 Betriebe eigene Gleisanschlüsse und versendeten ihr Bier mittels 83 eigenen Bierwaggons, 76 von der Staatsbahn angemieteten Wagen sowie einer Staatsbahn-Reserve von 13 Wagen, die auf dem Bahnhof Kulmbach vorgehalten wurden. Im Jahr 1894 waren also 172 Bierwagen im Betriebseinsatz, bis 1896 wuchs diese Zahl auf 200 Wagen an. In ganz Bayern waren 868 Bierwagen vorhanden (1890) und damit hatte Bayern einen Anteil von ca.60% aller Bierwagen in Deutschland.
In Bamberg gründete sich als ausgesprochene Exportbierbrauerei die 'Frankenbräu' an der Pödeldorfer Strasse. Konzeptionell als solche bereits durch den Gleisanschluss und die Dimension angelegt, hatte diese Brauerei auch einen eigenen Wagenpark beschafft. Für das Jahr 1894 ist eine Bestandsliste erhalten, wonach die 'Frankenbräu' 9 eigene Waggons hatte. Weiterhin waren 8 Wagen von der Staatsbahn ständig angemietet, ein Wagen stand als Reserve auf dem Bahnhof Bamberg bereit. Somit waren 18 Eisenbahnwaggons für die Brauerei ständig im Einsatz.
Einen großen Teil dieser Wagen zeigt das Foto von etwa 1930 auf dem Bereitstellungsgleis der 'Hofbräu':

In den Zusammenhang gehört, dass auch die 'Exportbierbrauerei Bärenbräu' von L. Rübsam einen eigenen Wagen (O-Nr. 80256) von der Staatsbahn angemietet hatte. Diese Brauerei hatte jedoch keinen eigenen Gleisanschluss und benutzte die Ladegleise im Südteil des Bamberger Bahnhofs. Auf einem phantasievoll arrangierten Plakat sehen wir nicht nur die drei (im Stadtgebiet verstreuten) Betriebsteile Mälzerei, Brauerei und Felsenkeller, sondern auch einen Zug mit einem weißen Bierwagen im Zugverband an erster Stelle laufend. Die lesbare Aufschrift lautet 'Bärenbräu Bamberg'.


Quellen:
GStA: Als die Schranken fielen - der Deutsche Zollverein, Berlin 1984
Haus der bayerischen Geschichte, internet-Präsenz (1)
Spielhoff: Geschichte der Eisenbahn-Bierwagen, Freiburg 2000
Marggraff: Die kgl.Bayerischen Staatseisenbahnen, München 1894
StaBi: Bestände der Staatsbibliothek Bamberg