Mälzerei Michael Weyermann, Memmelsdorfer Strasse/Brennerstrasse
Die Firma „Weyermann“ wurde am 4.10.1879 unter dem Namen „Mich. Weyermann's Malzkaffeefabrik“ in der Laurenzistrasse 28 gegründet. Der Sohn Michael Weyermanns, Johann Baptist Weyermann führte die Firma.
Er erwarb in der Folge den östlichen Teil der Flur „Dörrfelder“, die von der Eisenbahnlinie Bamberg-Hof seit 1846 durchschnitten wird und unmittelbar an der Straße nach Bayreuth (Memmelsdorfer Strasse) liegt. Die Grundstücke liegen ausserdem unmittelbar am „Eisenbahnärar“ und somit für die damaligen Verhältnisse optimal.

Das Oberbahnamt genehmigte am 14.3.1888 die Planung eines Getreidelagers mit einem Gleisanschluss nach Norden. Das Anschlussgleis wurde über die Memmelsdorfer Strasse zwischen einem Wärterhaus und dem Wirtshaus zu den 3 Linden hindurchgeführt und über eine Weiche in ein Ausziehgleis geführt.


Schon in den ersten Jahren fanden mehrere Betriebserweiterungen statt. Anlässlich des Neubaus eines Maschinenhauses „in zweiter Reihe“ wurde die Anbindung eines zweiten Gleises zunächst über eine Weiche vorgesehen, tatsächlich aber dann über eine Drehscheibe realisiert, weil sich auf diese Weise auch gleich ein weiteres Gleis anschließen ließ.



Auch in den Folgejahren gab es eine rasche Entwicklung der Produktionsanlagen und Verlängerung der Gleise. Die Anbindung an das Staatsbahnnetz erfolgte immer noch über den Anschluß am Nordende des Bamberger Bahnhofs.




Als betriebliche Besonderheit kann man bemerken, dass das Anschlussgleis wegen Platzmangels zwischen dem Weichenwärterhaus (auf Bahngrund) und den privaten Anwesen der Memmelsdorfer Strasse hindurchgeführt werden musste. Die Schrankenanlage dieses Bahnübergangs deckte jedoch nur das Hauptbahngleis nach Schweinfurt, die beiden Gleise der Hauptbahn nach Lichtenfels sowie das Ausziehgleis der nördlichen Rangieranlagen des Bahnhofs. Das Weyermann'sche Anschlussgleis lag jedoch ausserhalb dieses Schrankenbereichs und musste für Rangierfahrten separat mit einem Sperrbalken gedeckt werden.



In den Jahren zwischen 1900 und 1908 wurde es rund um die Mälzerei turbulent. Die Interessen der Firma, der Eisenbahn und der Stadt Bamberg mussten in Einklang gebracht werden.
Die Firma Weyermann war auf starkem Expansionskurs, benötigte hierfür Flächen und wollte moderne Techniken zur Steigerung der Produktivität einsetzen. Für den Verschub der Eisenbahnwaggons auf dem Werksgelände wurde eine Elektrifizierung der Gleisanlagen und die Beschaffung einer Elektrolokomotive über den Großhändler Gross&Bohrer geplant, eine kleine Ellok bei der AEG bestellt (s.a Exkurs Lokomotivbetrieb).
Die Staatsbahn sah sich damit konfrontiert, dass die Flächen rund um das bestehende Bahnhofsgelände keine Erweiterungen mehr zuließen und plante deshalb die Verlegung der Lokomotiv- und Wagenbehandlungsanlagen (Lokschuppen, Bekohlungsanlagen, Wasserversorgung, Wagenhallen, Werkstattgebäude usw.). Die Lokomotivanlagen sollten in die Nordflur verlegt werden, die Wagenbehandlung auf den bahnaräalischen Grund zwischen Zollnerstrasse und der Firma Weyermann.
Durch diese Planung wiederum wurde das Vorhaben der Stadt Bamberg, mit einer ganz neuen Unterführung auf diesem Gelände eine neue Kreuzungsmöglichkeit mit den ständig erweiterten Bahnanlagen zu bekommen, hinfällig. Zur Verbesserung des Straßenverkehrs wurde der Schwerpunkt deshalb auf die Schaffung von Unterführungen für die Zollnerstrasse sowie die Memmelsdorfer Strasse und den Neubau der Brennerstrasse in diesem Bereich gelegt.
Für den Bau der Brennerstrasse im Jahr 1904 verkaufte Herr Weyermann einen Teil seiner Liegenschaften in den östlichen Flurstücken an die Stadt Bamberg. Um jenseits der neuen Strasse Erweiterungsmöglichkeiten zu behalten, ließ er sein Werksgleis über die Brennerstrasse hinweg führen. Zu einer Nutzung kam es jedoch nicht.

Planung und Bau der Unterführung Memmelsdorfer Strasse wiederum hatte gravierenden Einfluß auf den Bahnanschluss Weyermann. Der Anschluß musste aus baulichen und aus Kostengründen nach Süden verlegt werden und lief zunächst über eine Weiche in die Wagenabstellgruppe des Bahnhofs Bamberg und konnte von dort in die jeweiligen Bereitstellungsgleise rangiert werden.

Die Erweiterung der Produktionsanlagen führte zwangsläufig auch zu Erweiterungen der Gleisanlagen auf dem Betriebsgelände. Die Ellok wurde jedoch 1905 an die Porzellanfabrik Rehau weiterverkauft. Die Wagenbewegung auf den mittlerweile ca. 500m Werksgleisanlagen erfolgte bis auf Weiteres per Hand- oder Pferde-Verschub.
Um 1910 herum entstanden wiederum aussagekräftige Werbematerialien mit Werksansichten der Firma Weyermann. Auf einem sehr schönen Briefkopf, datiert von 1909, sehen wir die Gleisanlagen dieser Zeit. Am unteren Bildrand, gerade nicht mehr zu sehen, müssen wir uns die Anschlussweiche vorstellen. Von dort wurden die Waggons von einer Staatsbahnlokomotive in das Übergabegleis vor dem flachen Bau geschoben. Von dort konnte dann zur Drehscheibe (dort steht ein gedeckter Wagen) und von dort in die jeweiligen Richtungen rangiert werden.

Auch im östlichen Betriebsgelände waren die Gleisanlagen erweitert worden.

Um dem weiterhin steigenden Warenumschlag gerecht werden zu können, wurde bis 1920 eine zweite Weichenverbindung zur Staatsbahn geschaffen. Das ehemalige Stichgleis zum Petroleumlager (dieses war bereits 1910 beseitigt worden und dort war die Gerstenübergabe und die Putzerei entstanden) wurde verlängert und angeschlossen. Damit war es möglich, einen Warenempfang über das östliche Gleis an der Putzerei und gleichzeitig eine Bereitstellung von Versandwaggons im westlichen Gleis durchzuführen.

Diese Vorgänge können wir auch sehr gut auf einem Briefkopf von 1921 nachvollziehen. Eine Staatsbahnlokomotive holt soeben einen Wagenzug aus dem Übergabegleis während an der Putzerei gedeckte Wagen für die Gerstenanlieferung bereitstehen.

Sogar eine Fotografie ist vorhanden. Das Luftbild von ca. 1920 zeigt sehr gut die Gleislagen, die beiden Drehscheiben und auch das Gleis über die Brennerstrasse ist gut zu erkennen.

Der beträchtliche Schienenverkehr führte dann 1922 zur Beschaffung einer Lokomotive mit Verbrennungsmotor der Firma Deutz (s.a Exkurs Lokomotivbetrieb). Für diese Lok wurde auch ein kleiner Lokschuppen gebaut.

Bei näherer Betrachtung eines Briefkopfes von 1927 und auch auf einem Werbebild von ca. 1925 ist jeweils die kleine Lokomotive zu erkennen.


Einen guten Überblick über die Werksgleisanlagen in ihrer maximalen Ausdehnung gibt ein Lageplan aus dem Jahr 1939.

Nach dem Krieg setzte erst nach gut 10 Jahren eine Weiterentwicklung der Produktionsanlagen ein. Der Lokschuppen wurde jedoch schon 1947 abgebrochen – die Lokomotive war also nicht mehr vorhanden. Der westliche Gleisanschluss wurde offengelassen, die Anbindung erfolgte also nunmehr ausschließlich über das Zufahrtsgleis an der Putzerei.

Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Strasse ging auch an der Firma Weyermann nicht vorüber, die Gleisanlagen wurden immer spärlicher benutzt. 1974 konnte sowohl die Gerstenannahme als auch der Malzversand noch auf der Schiene gesehen werden.


Heute (2025) ist zwar noch ein Gleisanschluss vorhanden, der Warenverkehr jedoch vollständig auf LKW umgestellt. Gleisreste zeugen von ehemaligen Transportwegen.


Ob künftig Teile der Malzfabrik „Mich.Weyermann“ dem Bahnumbau geopfert werden sollen, ist noch unklar. Sicher dürfte sein, dass die historischen Gebäude den Schutz als besonderes Denkmal verdient haben. Sie sind seit über 100 Jahren eine Wegmarke, die auf unverwechselbare Weise Bahnreisende in Bamberg begrüßt. Auf dem Gelände des heutigen Zollhofes wuchs 1975 noch Gemüse, während über der Szenerie der Schriftzug „Mich. Weyermann Bamberg“ prangt.

Bild- und Planmaterial:
StaBi Staatsbibliothek Bamberg
StA Bayerisches Staatsarchiv
StBA Archiv- und Registraturbestände der Stadt Bamberg
ChrFi Sammlung Christian Fiedler
unbezeichnet: Eigene Bestände